Hund und Familie

Falscher Umgang mit Hunden kann vor allem für Kinder zur Gefahr werden. Einfache Regeln helfen, dies zu vermeiden.

Kind und Hund

Kinder haben in der Regel keine realistische Vorstellung darüber, inwieweit ein Hund gefährlich werden kann. Sie sind nicht in der Lage nachzuvollziehen, dass z.B. ihr normales Spiel wie Rennen, Schreien, Kickern beim Hund Jagdverhalten auslösen kann, dass der Hund gerade noch lebendiger Schmusebär nun plötzlich „böse“ sein soll.

Deshalb muss man mit Kindern den richtigen Umgang intensiv üben. Die kindliche Entwicklung setzt hier klare Grenzen. Kindergartenkinder und oft auch Erstklässler können den gleichen Rat „stehen bleiben“ für fast alle brenzligen Situationen mit Hunden nicht eigenständig umsetzen. Sie brauchen immer einen Betreuer im Spiel mit Hunden.

Kinder müssen lernen mit dem eigenen sowie fremden Hunden angemessen umzugehen. Verständnis für das Andersein des Hundes führt zu Rücksicht und Vorsicht.
Das Einüben von Schutzhaltung stärkt das Selbstbewusstsein der Kinder, sie agieren statt zu reagieren, Fähigkeiten, die sich auch in ganz anderen bedrohlichen Lebenssituationen bewähren.

Ideal ist es, wenn Kinder mit Hunden aufwachsen können. Kinder durchlaufen in ihrer ganz normalen Entwicklung Tierquälphasen. Im Krabbelalter sowie noch einmal mit 6-7 Jahren begreifen sie die „Du-Ich-Abgrenzung“ unter anderem im Tierversuch. Körperöffnungen des Hundes werden z.B. mit Buntstiften erforscht, die Schlappohren traktiert oder es wird so lange am Schwanz des Hundes gezogen, bis dieser eine Reaktion zeigt.

Hier eine Übersicht: Spielregeln für Kind mit Hund

Probieren sie mit Ihren Kindern und deren Spielgefährten die folgenden Situationen hin und wieder als „Trockenübung“, denn für Kinder ist es erst einmal nicht klar, was z. B. ruhig stehen bleiben meint:

Das Kind erstarrt schlagartig zur Salzsäule. Das ist eine gute Grundübung, um unerwünschte Verhaltensweisen des Hundes abzublocken.

Auch das „Aua-Rufen“ muss geübt werden, damit es nicht zu fröhlich wirkt und den Hund zu noch wilderem Spiel animiert.

Den Hundepart kann anfangs ein Plüschtier übernehmen.

  1. Um zu vermeiden, dass der Hund am Kind hochspringt: Das Kind soll sich um 180 Grad wegdrehen und ruhig stehen bleiben.
  2. Wenn der Hund spielerisch nach der Kleidung oder den Händen des Kindes schnappt: Das Kind soll “ AU“ rufen, sich wegdrehen und ruhig stehen bleiben.
  3. Wenn ein Rennspiel zu wild wird: Das Kind soll ruhig stehen bleiben.
  4. Wenn ein Kind hinfällt: Das Kind soll ruhig liegen bleiben, das Gesicht zum Boden, und mit den Händen den Hals umfassen.So vermeidet man auch spielerische Verletzungen an den empfindlichen Körperteilen wie Hals und Gesicht, z.B. wenn der Hund das liegende Kind mit der Pfote anstupst.
    In der Wohnung kann das Kind dann nach einem Erwachsenen rufen. Im Freien sollte es warten, bis es dem Hund zu langweilig wird und weggeht.
  5. Vorsicht beim Füttern: Kinder werfen einem Hund das Futter gerne zu, stellen sich aber oft noch ungeschickt an und zögern lange. Damit provozieren sie leicht, dass ein gieriger Hund nach der Hand schnappt. Deshalb sollten Kinder das Futter nur auf der flachen, offenen Hand anbieten, wie bei Pferden auch. Fällt Futter auf den Boden, darf man es nicht aufheben: Der Hund ist schneller und könnte aus Versehen in die Hand des Kindes schnappen.
  6. Wenn der Hund knurrt: Bringen Sie Ihrem Kind bei, dass es die Warnsignale des Hundes ernst nimmt. Knurrt der Hund, sollte das Kind mit dem Spiel sofort aufhören und weggehen.

Kinder als Opfer von Bissverletzungen

Warum werden Kinder häufiger und schwerer gebissen?

  1. Kinder lösen leichter Jagdverhalten aus
  2. Kinder „quälen“ Hunde
  3. Hunde haben keine oder schlechte Erfahrung mit Kindern
  4. Verhalten der Eltern/Hundehalter:
    – mangelnde Aufsicht
    – Fehleinschätzung des eigenen Hundes( Rangordnung)
    – Fehleinschätzung der Kinder
  5. „Hund ist immer schuld“, kann zum Unterdrücken der Droh-Kommunikation des Hundes führen => „plötzlicher“ Angriff.

Baby und Hund

Nicht selten ist der Hund schon vor den Kindern da. Um mögliche Schwierigkeiten zu vermeiden, sollte der Hund schon mehrere Wochen vor der Geburt des Babys auf die neue Situation eingestellt werden.

Zum einen geschieht dies durch konsequente Erziehung. Besonders wichtig ist hier die Beißhemmung:

Menschliche Körperteile sind für den Hund auch im Spiel tabu!

Außerdem muss er jetzt die neuen Spielregeln kennen lernen, wie z.B., dass er das Kinderzimmer nicht mehr oder nur auf ausdrückliche Einladung betreten darf. So verhindert man, dass der Hund diese Einschränkung mit dem Baby verbindet.

Angehende Eltern können sich oft gar nicht vorstellen, was sich mit der Geburt eines Kindes alles ändern wird. In den ersten Wochen nach der Geburt lässt die Mutterwölfin keine anderen Rudelmitglieder in die Nähe des Wurfloches kommen. Dies kann man nachahmen und den Hund erst einmal nicht mit dem Baby direkt in Berührung bringen.

Durch Beachten einfacher Regeln lassen sich Gefahren vermeiden.

  1. Lassen Sie Hund und Baby nie allein, schließen Sie immer eine Tür zwischen beiden (öffnet Ihr Hund Türen?) oder nehmen Sie das Baby mit- zum Telefon, auf die Toilette etc.
  2. Der Hund bekommt Aufmerksamkeit gerade dann, wenn das Baby wach und im Zimmer ist. Schläft das Baby, ist Ruhe. So wird das Baby nicht zum Konkurrenten.
  3. Rangordnung: Der Hund muss wissen, wo sein Platz ist. Da Babys und kleine Kinder keine definierte Rangposition einnehmen, erfahren sie den Schutz indirekt über die ranghohen Eltern.
    Hochheben: Wenn man das Baby hochhebt, u.U. über den Kopf, erhöht sich die Rangposition des Babys. Für manche Hunde ist dies ein Problem. Sie springen hoch, knurren oder schnappen. Man sollte dies deshalb schon mit der Puppe üben.
  4. Beißhemmung: Menschliche Körperteile sind grundsätzlich tabu, auch im Spiel.
  5. Spielzeug: Der Hund muss lernen, dass es Hunde und Kinderspielzeug gibt.
  6. Sollte der Hund in einer Situation Sie oder das Baby anknurren, suchen Sie sofort sachkundigen Rat.

Auch später, ab Krabbelalter an, sollte man Kind und Hund im Auge behalten und dem Hund Rückzugsmöglichkeiten schaffen, z.B. Zimmerkäfig. Der Aufwand lohnt sich, Bissverletzungen sind fast immer vorhersehbar und damit vermeidbar. Wenn Eltern und andere Hundehalter sich um die Hundesprache bemühen, dann lassen sich Gefahren vermeiden und Kinder können mit Hunden harmonisch zusammen aufwachsen.

Hunde füllen Nischen aus, die wir Menschen nicht abdecken können. Autistische Kinder sind bereit, mit Hunden zu kommunizieren, ein spastisches Kind kann sich im engen Körperkontakt mit einem ruhigen Hund zunehmend entspannen und Schulkinder sind friedlicher, weniger aggressiv, wenn ein Hund während des Unterrichts im Klassenzimmer schläft, wenn sie ihn streicheln dürfen und sich bei ihm ausheulen und beschweren können. Der Hund bereichert unser Leben wie kein anderes Tier – wenn er nicht vermenschlicht, sondern als Hund ernst genommen wird.

Text mit freundlicher Genehmigung von Frau Ursula Jehle.
Anmerkung des Webmasters: Frau Jehle hat selbst eine Familie mit 3 Kindern und 2 eigenen Hunden. Sie nimmt sich zusätzlich regelmäßig Pflegehunde, jeder Größe und jeden Alters aus Spanien.